Fabian Sänger

«Friandises machen einen echten Unterschied»

Fabian Sänger war viele Jahre Pâtissier in der Spitzengastronomie und hat heute sein eigenes Unternehmen. Im Gespräch verrät er die aktuellen Pâtisserie-Trends und wieso Friandises den entscheidenden Unterschied machen können.

 

Abwechslungsreicher Job

 

Park Hotel Weggis oder Suvretta House und Carlton Hotel in St. Moriz – Fabian Sänger hat schon in manchen Spitzenbetrieben die Gäste mit seiner Pâtisseriekunst verwöhnt. «Konditor/Confiseur ist bereits für sich ein enorm abwechslungsreicher Job. In der Gastronomie aber erst recht», schaut der 42-Jährige begeistert zurück, der sein Können auch an mehreren nationalen wie internationalen Wettbewerben unter Beweis gestellt hat. Trotzdem entschloss er sich vor rund zehn Jahren für eine Veränderung und gründete die Firma Chocolate Culinary GmbH. Seither bringt er seine Dessert-Erfahrung als Produkte- und Rezeptentwickler in verschiedene Unternehmen ein, gibt sein Wissen im Rahmen von Schulungen weiter und hat mit «Sweet Life» und «Sweet Inspirations» zwei Dessertbücher verfasst und fotografiert, die unter die besten Dessertbücher der Welt gewählt wurden.

 

Die Krönung zum Schluss

 

Den Wechsel weg von der Gastronomie begründet Fabian Sänger mit der Lust auf Neues. Und der Möglichkeit, anderen mit seinem Knowhow weiterzuhelfen. Denn: «Man darf die Bedeutung des letzten Ganges eines Menus keinesfalls unterschätzen. Das ist der letzte, bleibende Eindruck. Die Gelegenheit, allem die Krone aufzusetzen.» Das heisse nicht, dass es so aussergewöhnlich wie möglich sein müsse. Aber von hoher Qualität. «Und das erfordert Zeit und oft auch spezifisches Confiserie-Können.» Fehle dieses, sei es manchmal besser, zumindest für die Basis Gutes hinzuzukaufen, als schlecht zu produzieren. «Entsprechend wichtig sind auch gute Convenience-Produkte.» Gleiches gelte für die Kreativität, die quasi auf der Zielgerade nicht verloren gehen dürfe. Auch hier liefert Fabian Sänger mit seinen Rezepten Inputs, zum Beispiel für überraschende Pralinés und Friandises.

 

Fabian Sänger, Sie haben uns Friandises-Rezepte mitgebracht. Wieso?
Für mich gehören Friandises zur Spitzengastronomie dazu, sie machen einen echten Unterschied, egal ob auf einem Wagen oder einer Platte serviert. In der Abfolge des Menus kommen sie nach dem Dessert, sind eigentlich das Pendant zum Amuse-Bouche, einfach am anderen Ende des Menus. Damit sind sie quasi die Visitenkarte, welche die Gäste in ihrer Erinnerung mit nach Hause nehmen. Und hoffentlich wieder kommen.

 

Wo holen Sie sich Inspiration für Ihre Rezepte?
Indem ich mit offenen Augen durch das Leben gehe. Inspiration gibt es überall, im Alltag, bei Reisen, beim Essen ... Man muss einfach neugierig bleiben und sich treu sein. Allgemein ist für mich bei Patisserie fast entscheidender, dass sie zum Stil eines Hauses als zur Menuabfolge passt. Ein Dessert darf auch einmal aus dem Rahmen fallen, sollte aber immer authentisch sein.

 

Was ist wichtig bei Friandises?
Sie sollten auf keinen Fall grösser sein, als das Dessert. Ein, zwei Bissen reichen. Dafür gibt es idealerweise eine kleine Auswahl an verschiedenen Friandises, die natürlich nicht alle die gleichen Aromen beinhalten. Gleichzeitig sollte man auch darauf achten, dass man nicht über das Ziel hinausschiesst. Es darf durchaus extravagant und aussergewöhnlich sein, aber es soll noch ein Genuss sein und nicht zu überladen. Allgemein geht der Trend wieder hin zu mehr Einfachheit, auch bei Desserts.

 

Ist der Stellenwert der Patisserie in der Gastronomie gesunken?
Teilweise sicher, auch aufgrund des Zeit- und Kostendrucks in der Gastronomie. Denn hochwertige, selbst produzierte Patisserie ist zeitaufwändig und es braucht entsprechendes Fachwissen im Team. Vor allem in der Spitzengastronomie ist man sich jedoch weiterhin bewusst, wie wichtig der Abschluss eines Menus ist. Zum Glück. Aber es muss trotzdem nicht mehr so opulent sein wie früher, auch beim Anrichten nicht.

 

Wie sieht die Patisserie oder das Dessert von heute aus?
Vor einigen Jahren hat man im Patisserie- und Dessertbereich die einzelnen Elemente oft so umstrukturiert, dass sie kaum noch erkennbar waren. Heute darf ein Apfel wieder wie ein Apfel aussehen. Das hat auch viel mit dem Nachhaltigkeitsgedanken zu tun: Man arbeitet wieder vermehr mit Zutaten aus der Region und will diese auch zeigen.

 

Ist Foodpairing kein Thema mehr?
Das schon. Man hat es aber lange Zeit zu sehr auf die Spitze getrieben. Übertrieben gesagt, muss ein Dessert aus meiner Sicht nicht nach Salat schmecken, um aufzufallen. Vielmehr reichen oft auch wenige Handgriffe und ausgewählte, gute Komponenten, um ein einfaches, aber leckeres Dessert zu zaubern. Und sei es nur Apfel und Vanilleglace oder Blutorange und Schokolade.

 

Was ist Ihr Lieblingsdessert?
Ganz simpel, ein Schokoladenküchlein mit flüssigem Kern, dazu vielleicht ein Sorbet.

 

Gehört Schokolade immer dazu?
Für mich schon. Die Schokolade, oder besser gesagt Couverture, ist für den Patissier ein bisschen wie die Butter für den Koch. Oder stellen Sie sich die italienische Küche ohne Olivenöl vor! (lacht) Sicher gibt es auch sehr feine, hochstehende Patisserie ohne Schokolade. An den Schokoladenkomponenten aber erkennt man auch, ob jemand sein Handwerk versteht. Schokolade ist ein schwierig zu verarbeitender Rohstoff. Entsprechend kann man sich hier auch profilieren.

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